Ausnahmetalent aus eigenen Reihen - Bericht aus dem Haller Tagblatt 16.08.2024
icon.crdate05.09.2024
Seit Mai ist Andreas Lücke offizieller Dirigent der Vellberger Stadtkapelle. Sein Anspruch: „Die Vellberger müssen einzigartig und besonders bleiben.“ Aktuell wird das Herbstkonzert einstudiert.
Von Sigrid Bauer
31 Jahre jung ist der exzellente Musiker, doch an Erfahrung mangelt es ihm nicht: Als Sechsjähriger beginnt er mit klassischer Gitarre. Mit 14, 15 beendet er den Unterricht. Es kann ihm keiner mehr etwas beibringen. Ein paar Jahre später kommt er durch Zufall zu den „Vellbergern“.
„Wir suchten einen E-Bassisten für unsere Showband. Andreas’ Oma, die neben meinen Eltern wohnt, hörte davon und meinte, ihr Enkel sei ein recht guter Gitarrist“, erzählt Peter Lüdtke aus dem Vorstand der Kapelle. „Ich habe damals E-Gitarre in einer Band gespielt, aber E-Bass war etwas Neues für mich“, erinnert sich Lücke, der bis dahin nie in einer Bläsergruppe gespielt hat.
Wir hatten ein paar Bewerber, aber es hat nie 100-prozentig gepasst.
Jürgen Bermanseder
seitheriger Dirigent
Versierter Autodidakt
Ein Problem war das nicht. „Er ist ein musikalisches Talent, das hat er mit Leichtigkeit geschafft“, stellt Vorstandskollege Michael Wackler fest. Auch am Schlagzeug ist sein Einsatz gefragt. „Es ist eines der wichtigsten Instrumente, um alles zusammenzuhalten“, erklärt Wackler. „Ich fand das schon immer interessant und habe es mir selber beigebracht, durch Zuschauen, wenn andere gespielt haben“, verrät Lücke. Dort sitzt er heute noch manchmal und gibt den Rhythmus vor. Das sei auch als Dirigent möglich, wenn die Kapelle genug Selbstsicherheit erlangt hat, sagt er.
Aber wie ist er eigentlich zum Dirigieren gekommen? Über die Chormusik in seiner Kirchengemeinde, der Neuapostolischen Kirche in Hall. „Ich habe mitgesungen und das Dirigieren des Chors dort gelernt. Das mache ich immer noch ein, zweimal im Monat. Außerdem habe ich es mir über zehn Jahre bei Jürgen Bermanseder abgeguckt“, erzählt der Softwareentwickler der Firma Bausch + Ströbel.
Zuletzt war er Bermanseders Stellvertreter und hat etwa beim Auftritt auf dem Christkindlesmarkt oder bei Geburtstagsständchen dirigiert. So war es folgerichtig, dass er nach dessen Ausfall die Leitung der Stadtkapelle übernahm. „Wir hatten ein paar Bewerber, aber es hat nie 100-prozentig gepasst“, stellt Wackler fest. „Mit der Dirigentensuche verging so viel Zeit. Wir hatten schon Auftritte für 2024 zugesagt und mussten uns entscheiden. Andi hatte sich angeboten, die Gruppe zu leiten und hat bewiesen, dass er das kann. Außerdem hat er sich in den letzten Jahren enorm eingebracht“, betont Peter Lüdtke. Für Lücke spreche auch, dass er jung sei. „Wir wollen neue Wege gehen und er steht für Veränderung. Das trauen wir ihm zu“, betont Wackler. „Die Herausforderung ist, für das Publikum, den Veranstalter, für die eigenen und potenzielle Musiker interessant und abwechslungsreich zu sein, dass wir als ,Die Vellberger‘ einzigartig und etwas Besonderes bleiben. Mein Vorgänger hat große Fußstapfen hinterlassen, aber das ist mein Anspruch“, sagt Lücke.
Für die aktuelle Saison hat Lücke das Programm zusammengestellt, neue Stücke mit den Musikern erarbeitet und sie an die Besetzung mit Sängern, Keyboard und E-Gitarre angepasst. „Ich habe große Lust, bekannte Lieder, für die es keine Noten gibt, für unsere Instrumente zu schreiben“, sagt er. Bermanseder ermutige ihn dazu. „Probier es aus, lass es die Kapelle spielen und dann kannst du nacharbeiten“, sage er. Um abzuschätzen, wie schwierig ein Stück für die Blasinstrumente ist, hat sich Lücke ein Tenorhorn aus dem Vereinsfundus geholt und das Spielen autodidaktisch erlernt.
Aktuell proben die Vellberger intensiv für ihr Konzert am 2. November in der Stadthalle. Seit 2018 gab es keines mehr. „So ein Konzertabend ist nicht vergleichbar mit einem Showauftritt. Da ist eine ganz andere Leistung gefordert“, betont er. Thematisch geht es um Swing und Jazz. „Da müssen wir uns noch eingrooven. Wir sind mitten in den ersten Stücken“, meint Posaunist Lüdtke lachend. „Es geht darum, alle mitzunehmen, die Kapelle und das Publikum“, so der Dirigent. „Es fühlt sich gut an, die Unterstützung der Musiker, des Vorstands und des Ausschusses zu haben.“
Quelle: Haller Tagblatt 16.08.2024